ana.words, ein pfingsttag 10/11

ana.words, ein pfingsttag 10/11
16. August 2001 michael
In Allgemein
10/11 

 SERGEJ AUSLAENDER Ein Pfingsttag 


Nach dem ueppigen laendlichen Mahl mit Fleischkuchen,
Truthahnbraten und einem zweiten, suessen Kuchen fuehlten sich
alle etwas matt. Die jungen Maedchen zogen sich zurueck, um
sich fuer die beabsichtigte Bootfahrt umzukleiden. Wolodja
ging im Esszimmer eine Weile auf und ab und sagte dann:

"Nun, Aljoscha, komm, wir wollen jetzt sprechen." Der Ton
dieser Worte und der Umstand, dass Wolodja, sobald sie ins
Kabinett kamen, die Tuer schloss, machte Aljoscha beinahe
angst. "Siehst du, ich habe die nicht sehr angenehme
Pflicht, Naeheres ueber deine Plane zu erfahren. Du weisst
dass ich dich sehr liebe. Eurer Heirat stehe ich sympathisch
gegenueber; bisher waren es aber nur Worte, und zwar hoechst
unbestimmte Worte. Erzaehle mir nun, wie ihr euch einrichten
wollt und wovon ihr zu leben gedenkt, bis du mit dem Studium
fertig bist, und so weiter."

"Ich weiss es nicht, ich hab' daran noch gar nicht gedacht",
antwortete Aljoscha mit klagender, beinahe weinerlicher
Stimme. Sein Gesicht drueckte solche Ratlosigkeit aus, dass
Wolodja laecheln musste.

"Nun siebst du selbst, was fuer ein Kind du bist! Auch Wjera
ist ein Kind und ein verzogenes dazu. Denk nur nicht, dass
ich die Absicht habe, dir mit allerlei prosaischen Gruenden
zu kommen und dich zu ueberreden, die Sache aufzugeben oder
hinauszuschieben. Im Gegenteil, ich wuerde gerne jeden
heroischen Entschluss unterstuetzen, aber die Eltern sind in
grosser Sorge."

"Es wird schon irgendwie werden", stammelte Aljoscha. "Wir
muessen eben irgendwie Rat finden."

"Ich verstehe", begann Wolodja wieder, als er sah, dass von
Aljoschka keine vernuenftige Antwort zu bekommen war. "Ich
verstehe vollkommen, dass es dir hoechst unangenehm ist,
daran zu denken, womit du die Wohnung und das Essen bezahlen
wirst..., irgendwas musst du aber doch beschliessen. Je
weiter du es hinausschiebst, um so schlimmer kann es werden.
Sag mir einmal: wie gross ist dein Einkommen, und worauf
kannst du rechnen?"

"Ich bekomme von den Eltern vierzig Rubel im Monat, und mehr
koennen sie mir nicht geben", stotterte Aljoscha, ueber und
ueber rot.

Wolodja schien darueber erfreut.

"Nun bekomme ich von dir wenigstens Zahlen zu hoeren. Siehst
du, auch unsere Eltern koennen euch kaum etwas geben, und wir
duerfen von ihnen keine besondere Sympathie fuer eure Heirat
erwarten. Denke nur nicht, dass ich dir abrate, ihr muesse
euch aber gruendlich ueberlegen, ob ihr faehig seid, beinahe in
Not zu leben. Gewiss, du wirst wohl Stunden geben koennen.
Auch Wjera koennte etwas verdienen, aber das wird nicht so
leicht sein, und ihr muesst alles genau erwaegen. Du hast noch
viel zu arbeiten, und Wjera ist nicht gewohnt, an materielle
Dinge zu denken. Ich wage nicht, euch etwas zu raten; wenn
ihr bei eurem Entschluss bleibt, wird es mich freuen;
vielleicht waere es auch fuer euch selbst, solange ihr noch
nicht auf eigenen Beinen stehen konnt, vernunftiger,
abzuwarten. Ich verfalle aber in trockenes Theoretisieren;
ihr muesst natuerlich so handeln, wie ihr es selbst fuer gut
haltet. Aber geht euren Weg mit offenen Augen!"

Aljoscha sass wie erdrueckt da und fuehlte sich furchtbar
beschaemt es fiel ihm aber aus irgendeinem Grunde gar nicht
ein, zu sagen, dass das Ganze nur ein Scherz sei und dass es
niemals zu einer Heirat kommen werde. Das hatte er naemlich
ganz vergessen.


>> morgen gehts weiter!
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a n a . w o r d s
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