ana.words, weisse panierung schlucken

ich war 22, lebte allein in paris und kannte
niemanden. so ging ich auch gelegentlich alleine essen
und beschloss eines tages, mal japanisch
auszuprobieren. das einzige orientalische, das ich
bisher kannte, waren riz casimir und nasi goreng aus
der migros. "uff, es hat bildli", stellte ich
erleichtert fest, als ich im restaurant die menuekarte
oeffnete, denn begriffe wie yakitori oder sushigami
halfen mir nicht wirklich weiter. ich entschied mich
fuer ein menue, so war schon mal eine richtige
reihenfolge gesichert: misosuppe, fruehlingsrolle,
sieben bratspiesschen.

irgendwann brachte mir eine serveuse wortlos etwas
weisses, gerolltes, das auf einem teller vor sich hin
dampfte. "aha, die reihenfolge ist schon mal falsch,
die fruehlingsrolle kommt zuerst", dachte ich und war
mir nicht recht im klaren, ob ich diese weisse
panierung appetitlich finden sollte. aber vom design
her machte es schon was her, so eine schneeweisse rolle
auf einem schwarzen teller. da kein besteck beigelegt
war, nahm ich die dampfende rolle mit der hand und
biss beherzt zu.

es gibt gefuehle, wenn man diese einmal erlebt hat,
vergisst man sie nie mehr im leben. so etwa wie die
kreide, die an der wandtafel quietscht, da krieg ich
sofort gaensehaut, schon nur beim gedanken. und so
ergeht es mir auch jedes mal wieder, wenn ich an
damals denke, als ich in einem japanischen restaurant
in ein warmes, weisses handtuch biss.

badoux, comiczeichner und illustrator, zuerich

in der woz vom 21. okt 04




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a n a . w o r d s
aus dem hellblauen salon

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