ana.words, literarischer sound

ana.words, literarischer sound
4. Oktober 2017 tbz
In Allgemein
liebe lesers
letzten sonntag war lesezirkel zu "koala" von baerfuss
(und hinweis auf naexten zirkel folgt morgen)
und frueher gab es ab und zu "buch und film"-zirkel
heute gibt es bei ana.words "buch und song"

diesen link hier anklicken und musik laufen lassen:
http://www.youtube.com/watch?v=8UXircX3VdM
wer den koala grad zur hand hat, schlage seite 174 auf
alle anderen koennen nun zur musik das abgetippte hier mitlesen:


"niemand wusste, was nun geschehen wuerde, denn es gab keinen pfarrer,
der die zeremonie leitete. wo ein altar haette stehen koennen, waren
lautsprecher aufgestellt, mit einem mikrofon, das jedem offenstand, der
sich an die versammlung wenden wollte. zwei wagten es, und nach einigen
hilflosen worten und einer langen stille erklang aus den boxen ein song
aus der goldenen aera der rockmusik, ein klassiker des genres. mein
bruder hatte diese band gemocht, ich meinte mich zu erinnern, wie er bei
unserem letzten treffen davon sprach, bald eines ihrer konzerte zu
besuchen, was ich abgeschmackt fand, zu viel nostalgie, waren doch, in
meinen augen, diese musiker mittlerweile zu ihrer eigenen kopie
geworden. der song war dem gruender dieser band gewidmet, der nach der
zweiten schallplatte in den wahnsinn geglitten und fuer die musik
verloren war, von dem aber die eingeweihten wussten, dass er das wahre
genie und alles, was nach ihm folgte, bloss eine kopie seines universums
war. der song begann mit einer zaghaften orgelmelodie, unterlegt mit
einem akkordteppich, der eine draeuende stiummung zeichnete. es war eine
verheissung zur vollendung, die irgendwann von einer gitarre
aufgenommen wurde und nach einer langen tonfolge in einer kadenz aus
vier toenen muendete (anmerkung der ana.redaktion: etwa nach vier
minuten), deren wiederholung das zeichen fuer schlagzeug und bass war,
in ein tutti einzustimmen, hymnisch und erloesend, um dann wieder
abzuklingen, bevor der saenger seine zeilen anstimmte.

er sang von einem mann, der einst wie die sonne geleuchtet habe, dessen
augen jetzt zu schwarzen loechern geworden seien, eine seele, die nachts
von traeumen gepeinigt und tags vom scheinwerferlicht gebrannt werde, in
seinem wahnsinn untauglich fuer den ehrgeiz dieser jungen maenner, die
mit ihrer musik die welt erobern wollten. sie schlossen den verrueckten
aus und heilten ihre gewissensbisse mit der erfindung einer mythologie,
in deren zentrum der verlorene sohn stand, der pfeifer, der seher, der
gefangene, wie er in diesem lied genannt wurde, das acht minuten in
gehoeriger lautstaerke in den nachmittag droehnte. an den lautesten
stellen ueberschlugen sich die membranen, aber die dramatik der musik
verfehlte ihre wirkung nicht, die menschen schwiegen und hoerten zu.
ich fuehlte mich ein wenig betreten, weil das lied einerseits zu
dramatisch war, das pathos zu deutlich, die ganze szene mit der
flussmuendung, der alten kirche und dem faehrbetrieb nicht zu dieser
hymne passte. es war sentimental, die ruehrung der anwesenden hilflos
und peinlich, und doch haette ich nicht sagen koennen, wie man meines
bruders anders haette gedenken sollen."

(und ja, hier hoert das zitieren abrupt mitten in einem abschnitt auf,
auch wenn es grad eine interessante stelle ist, einfach weil tbz nur den
songausschnitt wollte)


.-.-.-.-.-.-.-

kleiner nachtrag zu tbz' fragen gestern:
http://www.watson.ch/!415901386?

und ausserdem:
falls ihr alle ana.words zwei mal gekriegt habt: aexguesi.
wenn's wieder vorkommt 
wir die technik sich das mal anschauen

-- = --    -- = --    -- = --     

a n a . w o r d s
aus dem hellblauen salon

words@ana.ch
http://ana.ch/words/
ana.txt seite 444

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