ana.words, lachende wolken der liebe

ana.words, lachende wolken der liebe
8. März 2000 michael
In Allgemein
Folge acht: Die Liebe

Meine lieben Freunde. Neulich habe ich eine anonyme
SMS-Nachricht mit folgendem Inhalt bekommen: "na hans
schmerz? schreib doch bitte mal eine folge "der
fotzenknecht", also ueber die abhaengigkeit des mannes von
den (schoenen) frauen. danke & weiter so". Nun, dieser
Thematik habe ich mich im weiteren Sinne ja schon diverse
Male gewidmet, und diesmal moechte ich etwas anderes tun.
Danke aber dennoch fuer die Anregeung, und ich werde
bestimmt bald wieder ueber Fotzenknechte (hihi) und ihre
Herrinnen schreiben.

Heute aber moechte ich heute ueber die Liebe berichten. Ein
Wort, gewaltig und zaertlich, intensiv und streichelnd. Ein
Wort, dessen persoenliche Bedeutung uns allen stets bewusst
ist (und die sich mit zunehmendem Alter stetig wandelt),
doch wenn es darum geht, seinen Sinn auszusprechen, gebricht
es jedem an Worten. Ist Liebe die bedingungslose Hingabe?
Ist sie das blinde Vertrauen? Ist Liebe das Wiedererkennen,
ist sie Exotik, wutentbrannte Leidenschaft?

Ich sage Ihnen, was Liebe fuer mich ist. Liebe ist die Sonne
in mein Gesicht, Liebe ist der volle Mond auf meinen
Haenden, Liebe ist die Haut des Delphins an der meinen.
Liebe ist suesses Sterben jeden Abend, ist die zarte Pein am
Tag. Liebe ist der Sand unter meinen Fuessen, um die die
Wellen sich kraeuseln. Liebe ist der Atem der Geliebten, die
jenen an meinen Nacken wirft, und Liebe sind ihre Haende, in
den meinen aufgehoben, sind ihre Beine, mit den meinen
verschlungen. Liebe will sich in mich graben, trotz des
offenen Fleisches, Liebe will mich in Fesseln werfen. Liebe
ist der Wind, der sommers ueber ein Kornfeld streicht und in
mein Innerstes weht, Liebe ist das edle Beben der Pflanzen
nach dem Regen, Liebe ist der starke Griff der Lust, sie ist
Wahnsinn und die Brandung in der Nacht.

Die Liebe ist eine Frau. Die Liebe ist die schoenste Frau
der Welt, in einem Gewand aus purer Nacktheit. Und wenn die
Liebe kommt, dann bleibt die Zeit stehen, unterbricht fuer
eine Ewigkeit ihren Lauf. Dann sehen die Gestirne staunend
zu, loesen sich die Wolken lachend auf, dann strahlt die
Sonne hundertmal heller. Dann draengen die Fische in allen
Meeren zur Oberflaeche, dann graben alle Pflanzen auf Erden
ihre Wurzeln tiefer, dann stoesst der Erde Kern an ihre
Kruste, dann zerfallen die Felsen der Welt zu feinstem
Staub. Dann ist kein Morgen und kein Ich, kein Heute und
kein Du, kein Wuenschen und kein Leiden, dann ist bloss
Alles und Jetzt, ein Wissen und die Ruhe.

Die Liebe schreitet sanft einher, in einem Gewand aus purem
Verlangen, ihre Haende sind wie Pflanzen im Wasser, und ihre
Lippen zu beschreiben ist mit Worten wie Honig, Lust,
Zartheit und Erzittern niemals moeglich. Nach jenem zartem
Sterben ist mir nun, nach dem suessem Schmerz. Ich ahne das
zarte Webnis in meinen Fingern und wage kaum es zu
beruehren, bevor es Urgestein wird, auf dem ein Berg wachsen
wird, an dessen Fuss die Wolken wohnen und dessen Gipfel die
Sterne weit unter sich waehnt.

Ihre Zunge und die meine werden tanzen zum Lied, welches
dann in uns erklingt, sich lieben zum wahren Gesang der
Erde. In ihren Armen will ich versinken wie ein Fels im
Meer, in den meinen sie empfangen wie das Schiff des
Entdeckungsreisenden im heimatlichen Hafen, ihren Duft will
ich atmen, sie schmecken, riechen, kosten. Ihren Nabel will
ich kuessen, den Nabel des Kosmos, der immer noch keine Zeit
mehr kennt, denn die ist nicht mehr, was noch ist, sind sie
und ich und das All, warm und alt, gross und weise.

Denn die Liebe, das bin ich. Und die Liebe, das ist sie, das
Maedchen, deren Geruch mich suechtig macht, deren Lippen
Bilder zaubern, deren Haende Hitze bringen, deren Atmen das
meine bringt, deren Schlaefen nach Weiblichkeit riechen,
deren Haut zu beruehren ein Gebet an das Leben ist, deren
Kuss das Leben selbst ist.

Die Liebe. Winters mehr noch als im Sommer bemerkt und
bedauert man ihr Fehlen, begruesst man stuermisch ihre
Anwesenheit. Denn im Winter alleine ein kaltes Bettchen zu
besteigen ist allabendlich eine Ohrfeige aufs Gemuet. Dann
wuenscht man sich ebendort ein kesses Maedchen, welches
Bettstatt und auch Herzlein waermt. Dann stehe ich jeweils
vor meiner Bettwaesche und male mir aus, wie diese wohl den
Koerper eines schmucken Fraeuleins bedecken wuerde, ich
erahnte ihr Atmen und lustig schauten ihre zarten Finger
unter den Daunen hervor. Gerne teilte man die Ruhe der
spaeten Abendstunden mit einem schlauen Maedchen und
wechselte noch einige leidenschaftliche Worte, begleitet vom
suessen Klang der liebenden Lippen, die sich in der
Dunkelheit treffen, ohne suchen zu muessen. Maedchen an der
Seite sind eben das Groesste. Maedchenhaut. Sanftes Webnis,
glatter Honig. Maedchenlippen. Suesser Konfekt, aufregender
Trunk. Die Liebe eines Maedchens. Mehr Geschenk als das
Leben selbst, mehr Gewalt als das Tosen eines Wasserfalls,
helleres Licht als tausend Sonnen!

Der Winter. Wie eine kuehle Dusche laesst der Winter uns
wissen, dass und wer wir sind. Wer im Winter gluecklich ist,
war es im Sommer schon und wird es wieder sein. Der Winter,
die Pruefung aus Zucker, der vom Himmel faellt und das
Sterbende mordet. Man riecht den Duft des Winters, den
Geruch seines Hutes, unter dem man seine Augen bloss erahnt.
Sein Hut ist gross und grau, und der Filz ist alt und
feucht. Es ist der Geruch von tausend Erdzeitaltern, der
Geruch der alten Welt, die schlaeft nach dem Treiben der
Blueten und dem Tanzen der Blaetter. Dann zieht der Winter
ins Land wie eine dunkle Armee mit tausend Reitern auf
weissen Pferden und dem Sinn des Lebens im Schilde. Und
irgendwann im Fruehjahr, wenn man beim morgendlichen
Aufstossen der Fensterlaeden nicht mehr den Hut des Herrn
Winter riecht, sondern die einmal getragene Unterwaesche von
Frau Fruehling, dann weiss man, der Winter ist nach Florida
gegangen.

Wenn die Liebe da ist und einen umarmt, einen taeglich
umgarnt wie ein Kaetzchen zwischen den Beinen, einen
liebkost wie sommers der Wind im Schatten eines Apfelbaumes,
dann ist das Glueck in jedem Atemzug, dann ist jeder Schluck
Wasser ein Laben an der Erde Guete. Doch wenn sie fehlt, die
Liebe, dann ist jeder Herzschlag wie ein Nadelstich, ist
jedes Erwachen ein boeser Traum, denn dann wuensche ich mir
so sehr ein geliebtes Gesicht, das laechelt und einen Kuss
mir auf die Lippen drueckt und damit den Tag heiligspricht.
Die Liebe. Sie macht aus mir Wein, wo ich vorher Wasser,
macht aus mir Gold, da ich frueher Stein. Sie macht aus mir
die Sonne, das Lachen und die Flut, doch wenn sie fehlt, die
Liebe, dann bin ich das faulige Wasser unter jenem schweren
Stein, ohne Licht und ohne Leben. Und wenn die Liebe kommt,
dann gibt es kein Halten mehr, dann erheben sich die Winde,
dann bebt der Boden. Spueren Sie den Zug im Nacken, hoeren
Sie das Rauschen in den Baumkronen, das Prasseln des Regens?
Das ist die Liebe, die ankommt.

Die Liebe. Sie ist das Licht, das uns naehrt. Sie empfaengt
uns wie die Frau den Mann, das Meer den Fluss, wie die
Pflanze den Regen. Die Liebe ist die kalte Luft am Morgen,
sie ist die fruehe Sonne auf das weite Land.

Nicht das Ende.



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by hans.schmerz
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