ana.words, unverstandene frau

ana.words, unverstandene frau
18. September 2024 tbz
In sex, drugs and techno
herzlichen dank fuer den bericht aus moskau an mahal,
wir geben zurueck in die usa.
ach nein, amerika ein anderes mal.
es gab noch eine rueckmeldung. 
dann folgt ein themawexel.

zum montag schrieb prisca:

Hallo tbz 😊

Meine two cents 😉

Harsche Kritik an Ameti (nicht an dir) ist gerechtfertigt. Empörung auch
(meine Meinung und Gefühl).

Gleichzeitig: Sie hat sich entschuldigt und es tut ihr leid. Die
Reaktion des Bischofs und anderen, Vergebung, ist christlich.
Hass und Gewaltaufrufe (Rache) sind nie in Ordnung und sowieso nicht
christlich. 

Beste Grüsse!
Prisca

.-.-.-

themawexel:
tbz hat am montag jemandem erich kaestner
der ja v.a. als kinderbuchautor bekannt ist
als lyriker ans herz gelegt.
und ist dann dabei auf ein gedicht gestossen
das sie selber noch nicht kannte
(es sei ein bekanntes, las sie nun?)
und das sie komplett umgehauen hat.
also. hier habt ihr es. weint.


Die unverstandene Frau

Er band, vorm Spiegel stehend, die Krawatte
Da sagte sie (und blickte an die Wand):
"Soll ich den Traum erzählen, den ich hatte?
Ich hielt im Traum ein Messer in der Hand.

Ich hob es hoch, mich in den Arm zu stechen,
und schnitt hinein, als sei der Arm aus Brot.
Du warst dabei. Wir wagten nicht zu sprechen.
Und meine Hände wurden langsam rot.

Das Blut floss lautlos in die Teppichranken.
Ich hatte Angst und hoffte auf ein Wort.
Ich sah dich an. Du standest in Gedanken.
Dann sagtest du: 'Das Messer ist ja fort...'

Du bücktest dich. Doch es war nicht zu finden.
Ich rief: 'So hilf mir endlich!' Aber du,
du meintest nur: 'Man müsste dich verbinden',
und schautest mir wie einem Schauspiel zu.

Mir war so kalt, als sollte ich erfrieren.
Du standest da, mit traurigem Gesicht,
und wolltest rasch dem Arzt telefonieren
und Rettung holen. Doch du tatst es nicht.

Dann nahmst du Hut und Mantel, um zu gehen,
und sprachst: 'Jetzt muss ich aber ins Büro!'
Und gingst hinaus. Und ich blieb blutend stehen.
Und starb im Traum. Und war darüber froh..."

Er band, vorm Spiegel stehend, die Krawatte.
Und sah im Spiegel, dass sie nicht mehr sprach.
Und als er sich den Schlips gebunden hatte.
griff er zum Kamm. Und zog den Scheitel nach. 

erich kaestner, 1930

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