ana.words, stock ruh wagen ew iv

ana.words, stock ruh wagen ew iv
6. Juli 2001 michael
In Allgemein
Einstoeckige SBB-Ruhewagen fehlen weiterhin

Fortsetzung der unwahren Geschichten

bd. Nach teilweise unwahren Angaben in einer Stellungnahme
zuhanden des Verkehrsministers, Bundespraesident Moritz
Leuenberger, und wirren Auskuenften ihres Pressedienstes
sind die SBB immer noch nicht in der Lage, ueber ihre
Ruhewagen korrekt zu informieren. Unter Berufung auf den
Leiter der Division Personenverkehr, Paul Blumenthal,
erklaert der Pressechef Christian Kraeuchi, dass in
einstoeckigen Pendelzuegen mit vier Erstklasswagen ein
Ruhewagen verkehre. Leider entspricht dies wiederum nicht
den Tatsachen. In mehreren Kompositionen mit Einheitswagen
IV konnte in beiden Klassen kein Ruhewagen entdeckt werden.
Auch der Chef des Zugpersonalverbands hat seit dem
Fahrplanwechsel in EW-IV-Kompositionen keinen solchen Wagen
gesehen; die blauen Kleber seien entfernt.

Trotz unklaren Weisungen gut eingefuehrt

Die Ruhewagen auf einzelnen Linien sind als bescheidene
Reaktion auf die ueberhand nehmenden Handys eingefuehrt
worden. In vielen Faellen stellen diese Geraete eine
unangenehme Belaestigung der Mitreisenden dar, die
zusammenzucken, wenn ein Handy unnoetig laut schrillt, und
die neben viel persoenlich Belanglosem zum x-ten Mal
anhoeren muessen, dass die telefonierende Person "im Zug"
sei und eben aus dem Bahnhof Zuerich ausfahre. Allzu viele
Handy-Benuetzer glauben auch, beim Reden die Fahrgeraeusche
uebertoenen zu muessen, obwohl der kleine Einzugsbereich des
Telefon-Mikrophons diese gar nicht uebertraegt.

Manager der SBB sehen in der freien Zulassung der Handys
einen Wettbewerbsvorteil der Bahn und draengen die Swisscom
dazu, die Tunnel als bisherige Oasen telefontauglich
nachzuruesten. In Flugzeugen muessen die Handys aus
Sicherheitsgruenden ausgeschaltet werden. Das Motiv wird
zwar laengst nicht von allen Passagieren wirklich geglaubt,
aber da dies niemand kontrollieren kann und keiner seinen
eigenen Absturz herbeifuehren will, herrscht Ruhe, was
selbst Geschaeftsleute ohne weiteres ertragen. Die neuen
Lokomotiven und Stellwerke der Bahn funktionieren ebenfalls
auf elektronischer Basis. Der offenbar noch nicht wirklich
entdeckte Grund des zweimaligen stundenlangen Totalausfalls
des Basler Stellwerks koennte zu Spekulationen Anlass geben.

Entgegen anders lautenden Behauptungen haben sich die
Ruhewagen, wenn auch mit Unterschieden je nach Linie und
Klasse, gut eingefuehrt. Eine Ausnahme bilden trotz
viersprachigen Hinweisen und Symbolen amerikanische
Touristen, die Muehe haben, sich in Schienenverkehrsmitteln
zurechtzufinden, und Leute, die erklaeren, dass das
Ruhegebot nur unter der Woche gelte, sich aber vermutlich
auch auf der Strasse asozial verhalten. Dem Zugspersonal
wurden keine klaren Weisungen erteilt, so dass einzelne
Zugbegleiter auf Fragen antworten, dass in den Ruhewagen
"selbstverstaendlich" gesprochen werden duerfe, auch wenn im
Zug genug freie "Konversationsplaetze" zur Verfuegung
stehen. Ein Orientierungsprospekt der SBB ist hoeflich
formuliert, aber seit langem nicht mehr aufgelegt worden.

Einheitsreisende als Ziel?

Warum also der verschleierte Rueckzug bei den einstoeckigen
Wagen und unwahre Angaben dazu? Zwei Interpretationen kommen
in Frage; wahrscheinlich treffen beide zu. Erstens aergern
sich einige Spitzenleute bei den SBB darueber, dass die
grosse Mehrzahl der Reisenden nach wie vor die Einheitswagen
IV den Doppelstoeckern vorzieht. Mit der These, dass nur die
untere Etage sich als Ruheraum eigne, soll den
IC-Doppelstockwagen ein (magerer) Pluspunkt verschafft
werden. Zweitens sind im Betrieb alle Sonderwagen laestig,
weil nach Defekten nicht irgendein Fahrzeug neu eingereiht
werden kann. Am einfachsten waeren Einheitswagen,
Einheitsklassen, Einheitsnichtraucher und Einheitsreisende.
Doch die SBB-Division Personenverkehr sucht ja seit einiger
Zeit dringend ein marktfreundliches Image. Die rasche
Wiedereinfuehrung der einstoeckigen Ruhewagen und die
Ausdehnung dieser Institution auf weitere Zuege und Linien
waeren ihrem Ziel foerderlich.

nzz, 2. 7. 2001

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