ana.words, sommerserie 2/10

ana.words, sommerserie 2/10
20. Juli 2010 tbz
In Allgemein
aber auch der koenig wusste nichts anderes, als so zu leben,
und wie man auch lebt, ob in saus und braus oder armut, ob
in madrid, barcelona oder irgendwo, am ende ist es doch
taeglich dasselbe, und man langweilt sich. so stellen sich
die leute, die irgendwo wohnen, barcelona schoen vor, und
die leute von barcelona moechten nach irgendwo reisen.

die armen stellen es sich schoen vor, wie der koenig zu
leben, und leiden darunter, dass der koenig glaubt, arm sein
sei fuer die armen das richtige.

am morgen steht der koenig auf, am abend geht der koenig ins
bett, und tagsueber langweilt er sich mit seinen sorgen, mit
seinen dienern, seinem gold, silber, samt, seiner seide,
langweilt sich mit seinen kerzen. sein bett ist prunkvoll,
aber man kann darin auch nicht viel anderes tun alsa
schlafen.

die diener machen am morgen tiefe verbeugungen, jeden morgen
gleich tief, der koenig ist daran gewoehnt und schaut nicht
einmal hin. jemand gibt ihm die gabeljemand gibt ihm das
messer, jemand schiebt ihm den stuhl zu, und die leute, die
mit ihm sprechen, sagen majestaet und sehr viele schoene
worte dazu und sonst nichts.

nie sagt jemand zu ihm "du trottel, du schafskopf", und
alles, was sie ihm heute sagen, haben sie ihm gestern schon
gesagt.

so ist das.

aus: kindergeschichten
von: peter bichsel

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