ana.words, im alterszentrum singen

ana.words, im alterszentrum singen
19. März 2020 tbz
In Allgemein
heute ein bericht aus nem alterszentrum
von schwester m
die von alten erzaehlkoenigen erzaehlt


"also bei der arbeit ist es ja bereits seit letztem montag so, dass die bewohner eigentlich drin 
bleiben müssen und kein besuch mehr reinkommt. logisch werden ausnahmen gemacht, wenn sich irgendwo
der allgemeinzustand verschlechtert, jemand in der sterbephase ist oder so. aber sonst grundsätzlich 
kein besuch, sämtliche aktivitäten ausser haus sowie im haus mit beteiligung von externen wurden 
abgesagt. reaktionen von den bewohnern und angehörigen sind sehr unterschiedlich, von 
dankbarkeit, dass wir unsere bewohner schützen, bis hin zu ?völlig übertrieben? hört man bei uns alles.

montagabends habe ich gearbeitet, habe vor arbeitsbeginn noch kurz gelesen, welche neuen 
massnahmen kommen (vermutet habe ich es ja eh bereits). später auf der tee-/medirunde waren viele 
noch am fernsehen, ich durfte bei fast allen noch fragen beantworten und so. ein mann war krass, 
von wegen bundesrat totale vollpfosten und dann erhalten die auch noch so viel geld, die CH ist danach 
pleite und das ist deren schuld, das stimmt ja eh alles nicht, wo sind denn all diese fälle, wir haben 
hier im oberaargau bisher genau einen fall und sowieso sterben jedes jahr x leute an der grippe etc.


ansonsten sind immer wieder frühere krankkeitsausbrüche thema, habe da schon geschichten gehört 
von maul- und klauenseuche und viechern, die man dann halt totschlagen musste und irgendwo 
zwischenlagern. die käserei hatte einen leeren lagerraum, da wurden die tierkadaver gelagert und so. 
abendessengespräche halt ;-)


wir sind angewiesen sparsam mit den einweghandschuhen umzugehen, wir haben einfach was noch 
im haus ist. normalerweise bestellt unsere pflegdienstleistung ja nach bedarf und es gibt wöchentlich 
eine lieferung. mit desinfektionsmittel sind wir besser eingedeckt. aber am montag kamen dann so 
einwegwaschhandschuhe, die innen plastifiziert sind. falls es nicht bald handschuhe gibt, werden wir 
solche für die intimpflege nutzen müssen.

neue weisungen gab's für heime etc. bzgl. essensverteilung. auf den oberen stockwerken hatten die 
beim frühstück immer buffet, beim salat mittags ebenso. das darf man nicht mehr, nur noch fertig 
angerichtete teller, die von der küche kommen.

auf der geschützten demenzstation ist alles normal bis auf den fehlenden besuch. ist da ja eh eine 
geschlossene, kleine welt für sich. die bewohner da kriegen nichts von dem rummel mit. da habe ich 
am montag noch ganz normal weihnachtslieder gesungen mit einer bewohnerin die ihre geschenke 
abgeben gehen wollte ;-)


die vorstellung, dass nur wir was ins heim reintragen können, verstärkt aber natürlich das gefühl 
besonders in der verantwortung zu sein. wenn der virus da rumgeht, kann ich mir gut vorstellen, dass 
das heim plötzlich halb leer ist.


wenn wir pech haben, haben wir den virus bereits im haus. eine pflegende hat am montagmorgen die nachricht 
erhalten, dass ihre mutter positiv getestet wurde. sie war mit ihrer mutter am samstag an einer beerdigung,
am sonntag hat sie gearbeitet. die mitarbeiterin wurde direkt nach hause geschickt und wartet nun einfach ab."


herzlichen dank fuers verwenden duerfen!
wir klatschen:
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(wir klatschen glaub fuer hoehere loehne, oder?)

.-.-.-.-

und wir reissen die bezahlschranken nieder:
http://www.woz.ch/2012/die-woz-in-der-coronakrise/in-gemeinsamer-sache

und tanzen noch mehr in der stube:
http://soundcloud.com/heldenbarzurich

bis morgen, eure ana

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a n a . w o r d s
aus dem hellblauen salon

words@ana.ch
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ana.txt seite 444

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