ana.words, hoch die tassen 2

ana.words, hoch die tassen 2
31. Januar 2023 tbz
In sex, drugs and techno
weiter gehz mit tassen!



(...) danach machte sie mit dem abspuelen weiter und erklaerte, einen
teil der am finnland-tag praesentierten haushaltsgegenstaende in gebrauch
nehmen zu wollen. deshalb hatten wir die geschirrkartons durch die stadt
transportiert.

die tasse war stabil, ausserdem gross genug fuer eine ausreichende menge
fluessigkeit, kaffee, tee oder was immer man auch trank. der henkel der
tasse war ebenfalls gross genug. dort passte sogar der zeigefinger eines
robusteren mannes durch. der winkel von tassenboden und -wand stimmte,
sodass man leicht aus der tasse trinken konnte und die fluessigkeit nicht
aufs hemd spritzte. die dicke materialstaerke fuehlte sich an den lippen
gut an, die massive struktur wuerde eine brennend heisse fluessigkeit
rasch abkuehlen, andererseits aber deren waerme lang halten. da hatte
sich jemand gedanken gemacht, bevor er diese tasse entwarf. 
die snell erklaerte, bei dem geschirr handle es sich um die serie
"teema" von kaj franck. beruehmtes finnisches design aus den 50er
jahren. sie geriet in begeisterung und brachte weitere teile der serie
zum vorschein, schuesseln und schalen, die man ineinander stapeln
konnte. sie trugen stempel und symbole der porzellanfabrik arabia,
welche sie auch als ofenfest auswiesen. das geschirr war so geplant,
dass man es nicht nur zum verzehren des essens, sondern auch fuer dessen
zubereitung verwenden konnte. natuerlich konnte man darin auch speisen
aufbewahren. diese ganze integrative kette zeugte von einem erstaunlich
weit entwickelten gestaltungsprinzip, falls es stimmte, dass das
geschirr aus den 50er jahren stammte. denn container und kassetten, die
lueckenlos der herstellung, dem transport und der lagerung dienten,
fanden in der industrie erst zwei jahrzehnte spaeter verbreitung.

der konsul hielt die tassen fuer langweilig und einfoermig. der dozent
fragte, ob die gelbe farbe ihnen nicht einen heiteren ausdruck verleihe.
der konsul fand die farbe zu grell. er fing an, das italienische
geschirr zu loben, das auch in seiner alltagsvariante stets erlesen sei
und dem auge aesthetischen genuss biete. ich hatte schlechte erfahrungen
mit italienischem geschirr gemacht. die kaffeetassen waren so klein,
dass man die lippen am tassenrand formen musste, als wolle man trompete
oder ein anderes blasinstrument spielen, das einen genauen ansatz am
mundstueck verlangte. auch beim entwurf einer kaffeetasse sollte man von
der funktion ausgehen, und die war nun mal trinken und nicht dekoration.

ich hatte die nase so voll von italienischen boegen, schnoerkeln und
goldraendern, dass es wohl tat, die klaren linien des finnischen
geschirrs zu betrachten, das nur die form besass, die der gebrauch
verlangte. der tasse sah man sofort an, wofuer sie existierte, und man
sah auch, dass sie ihre aufgabe auf die bestmoegliche weise erfuellte.
der dozent hate zugehoert, als ich ueber tassen und besteck predigte,
ueber die zierlichen italienischen messer, deren schneiden staendig
abrutschten. ganz anders die guten finischen gabeln und messer. bei
denen wurde nicht unnoetig an rostfreiem instrumentenstahl gespart.

heikkilä hatte angefangen, ueber meine worte zu lachen. nicht von
ungefaehr begeisterte ich mich fuer francks funktionalistische
kaffeetassen, ich sei eben ein typischer finnnischer modernist der 50er
jahre, fand der dozent. ich erinnerte ihn daran, dass ich damals noch
gar nicht geboren war. heikkilä erzaehlte, dass finnland nach ansicht
fuehrender modernisten damals fuer kurze zeit an der spitze des
stilgefuehls stand. in spaeteren jahrzehnten huellte sich finnland in
die gleiche rueschenwolke einer amerikanischen hausfrau wie die
restliche welt auch, die finnische kunst und literatur der 50er jahre
aber hatte alle rueschen abgerissen. heikkilä meinte, falls er sich recht
erinnere, habe kaj franck vorgeschlagen, alles alte geschirr von arabia
zu zertruemmern. von der literatur und der kunst wusste ich nichts, aber
francks tassen waren im gebrauch jedenfalls etwas ganz anderes als die
verschnoerkelten, mit gold verzierten italienischen sachen.


aus: canal grande
von: hannu raittila


morgen keine tassen mehr.
sondern bruenneli.

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