ana.words, gewoehnung und mut

ana.words, gewoehnung und mut
7. November 2024 tbz
In ana.bildwords
so, willkommen also zur naexten staffel von
the handmaid's tale.
wobei alice weidel ja schrieb,
nicht das woke hollywood habe diese wahl entschieden,
sondern die arbeitende amerikanische bevoelkerung.
hach, nicht mal auf die lesben ist mehr verlass.
die nazis haben offenbar irgendwann ihre regeln gelockert,
damit mehr leute mitmachen koennen.

wisst ihr, was das schlimme ist?
2016 ging eine schockwelle um die welt.
trump als praesident?! 
und tbz weiss noch,
wie sie sich nicht mehr
vom computer wegreissen konnte
und irgendwann nur noch komplett fassungslos wiederholte:
die waehlen den trump! die waehlen den trump!

und nun so. etwas spaeter. paar jaehrchen zogen ins land.
sagen manche leute so:
nun ja, es war ja bisschen zu erwarten...
oder sie sagen so:
naja, harris war ja auch mehr ne notloesung....
oder sie sagen so:
stell dir vor, was passiert waere, wenn er nicht gewaehlt worden waere...
es ist so bisschen egaler geworden.
auch tbz. so ein ganz kleines bisschen.
oder sie ist auch einfach langsam muede von dem scheiss.

und klar. wir wussten nun schon, dass das 
nochmals
passieren kann.
und zu viel hoffnung
gibt zu viel enttaeuschung.
wir sind vielleicht
ein kleines bisschen weniger geschockt.


aber DAS ist das schlimme.
der gewoehnungseffekt.


man hat's ja schon irgendwie vermutet/befuerchtet.
eh ja, was willsch machen. schulterzucken.
und das schlimme ist auch
das eingehen auf rechte rhetorik.
und wie sich sachen normalisieren,
und wieder (siehe auch: "nie wieder!")
sagbar und machbar werden,
die man noch vor kurzem undenkbar gefunden haette.
diese verschiebung.

drum bitte: gewoehnt euch NICHT daran.
entwoehnt euch wieder.
trump, afd, orban, svp, meloni... you name it.

und man entwickelt ja schon bisschen gewaltfantasien.
und tbz wuerde sich im allgemeinen nicht als
wahnsinnig gewalttaetigen menschen bezeichnen.

(und die aerzte singen rache in tbz' kopf:

jetzt ist das mass voll,
gewalt erzeugt gegengewalt, hat man dir das nicht erzählt?
oder hast du da auch, wie so oft, im unterricht gefehlt?
jetzt liegst du vor mir und wir sind ganz allein
und ich schlage weiter auf dich ein
das tut gut, das musste einfach mal sein

immer mitten in die fresse rein!
immer mitten in die fresse rein!

https://www.youtube.com/watch?v=IviYsUdUj6w )

die fantasien sind grad irgendwie okay.
(womit wir auch bitz bei beauvoirs frage waeren:
soll man de sade verbrennen?
kurzfassung: nein.
aber buecher werden auch nuem verbrannt,
sondern einfach verbannt.)
ansonsten gewalt: falsche antwort.

tamara sagt:
seid traurig
und dann kaempft weiter:

https://www.watson.ch/schweiz/international/437105883-donald-trump-gewinnt-wahlen-sp-politikerin-tamara-funiciello-trauert

aber ach,
immer dieses "fighten".

und dann las tbz bei krautreporter
wie man trump aus seinem kopf raushalte.
weil das gehirn bei krisen und stress
duemmer und unkreativer wird,
wenn es nur noch um 
kaempfen, fluechten oder erstarren geht.
fight, flight, freeze.

(artikel waere der hier:
https://krautreporter.de/psyche-und-gesundheit/5614-so-haltst-du-trump-aus-deinem-kopf-raus )

und die tipps waren die folgenden fuenf:

Tipp 1: Konsumiere nicht mehr, sondern weniger News! Nachrichten gucken
oder lesen führt nicht dazu, dass wir die Kontrolle wiedererlangen. Es
passiert genau das Gegenteil: Wir sind noch gestresster. Deshalb sollten
wir ganz klare Zeiten definieren, in denen wir News konsumieren. Einmal
morgens checken, was passiert ist (zum Beispiel in der
Krautreporter-Morgenpost), reicht völlig aus. Dazu gehört auch Twitter
bzw. X, Threads, Instagram oder Mastodon.

Tipp 2: Akzeptiere die Situation! Studien zeigen, dass wir den Stress,
den wir mit einer Situation verbinden, verringern können, wenn wir die
Situation akzeptieren. Es ist in Ordnung, ängstlich zu sein. Mach dir
das immer wieder klar. Nimm dir ruhig ein paar Tage Zeit, um in Panik zu
verfallen. Danach solltest du aber in die Normalität zurückkehren.

Tipp 3: Rede darüber, wie du dich fühlst! Studien belegen, dass schon das
Benennen von Gefühlen eine tiefgreifende Wirkung auf das Nervensystem
hat, Stressreaktion des Körpers werden dadurch gedämpft. Man nennt das:
Affect Labeling. Schon das Aufschreiben kann helfen, aber auch Gespräche
mit Freund:innen. Hier gilt: Je mehr Begriffe du für deine Gefühle
findest und je präziser du deine Gefühle benennst, desto mehr verringert
sich der Stress.

Tipp 4: Konzentriere dich auf deinen eigenen Einflussbereich! Die
meisten Dinge, die mit den heutigen Krisen in Verbindung gebracht
werden, liegen weit außerhalb unserer Kontrolle. Du kannst nichts an der
Wahl in den USA ändern. Das ist unglaublich frustrierend und ein
Hauptgrund für Ängste. Der beste Weg, mit dieser Angst umzugehen ist,
sich auf die Dinge zu konzentrieren, die in unserem Einflussbereich
liegen: ein Ehrenamt, politisches Engagement in einer Partei,
Demokratiearbeit in einem Sportverein. Frag dich also: Was kannst du
kontrollieren?

Tipp 5: Suche nicht die Unterschiede, sondern Gemeinsamkeiten! Unter
Stress neigen wir dazu, Gruppen zu definieren, denn die verschaffen
Sicherheit: Geimpfte vs. Ungeimpfte, Klimaaktivist:innen vs.
Klimaleugner:innen, Republikaner vs. Demokraten. Studien zeigen aber,
dass funktionierende soziale Beziehungen der wichtigste Faktor für ein
gesundes und glückliches Leben sind. Deshalb sollten wir gucken, was die
kleinsten gemeinsamen Nenner sind.


also sozusagen einfach,
damit wir wieder gscheit denken 
und was kreatives und gutes anstellen koennen
mit und in dieser schoenen welt.
funktioniert auch fuer sachen wie klimawandel, krieg und so.

aber tbz hat auch kritik an den tipps.
nein, man muss nicht immer mit allen 
nach dem kleinsten gemeinsamen nenner suchen
(oh kuck, wir sind beide menschen
und koennen den rechten arm in die luft strecken, cool!)
vor allem, wenn dein gegenueber das nicht tut
sondern muss auch mal laut und deutlich NEIN sagen
und politisch entgegentreten,
grad wenn es um leben und tod geht,
und wenn nach unten getrampelt wird,
geht es recht schnell mal um leben und tod,
von frauen, fluechtenden, armen, bipoc, queers, kranken...

und hoert auf so zu tun
als sei trump ne grosse ausnahme
wenn es drum geht
wie leute an der macht
die macht ausnutzen.
wie leute, die sexuelle uebergriffe verueben
 - oder aehnliches -
in guten positionen sitzen. sitzen bleiben.
okay, vielleicht nicht grad als president der us of a.
aber so lange man so tut, als sei das ne
kaum zu begreifende ausnahme
wird sich nix aendern.
trump ist keine ausnahme.
#metoo #fraulebenfreiheit

vaeter, erzieht mal eure soehne anstaendig!
(fandest du grad seltsam? think again)

und ja, tbz teilt das entsetzen von
"wie kann so einer...",
aber das entsetzen sollte frueher einsetzen,
bevor einer auch nur in die naehe einer praesidentschaftskandidatur kommen kann.
und nein, man muss ein politisches system nicht begreifen,
in dem verurteilte strafaeter nicht waehlen duerfen,
aber sich verurteilte straftaeter waehlen lassen koennen.
und vielleicht sollten wir aber eh von trump wegkommen
und haben uns viel zu sehr davon ablenken lassen
wie fucking "weird" er ist
und zu wenig geschnallt
dass er nur eine
laecherlich scheinende
erscheinungsform von wohlbekanntem,
ewiggleichem, aufgewaermtem ist.
neue verpackungen sind ja meist bloss ein verkaufstrick.


benennt rassismus, klassismus, faschismus, misogynie (...)
wenn ihr sie antrefft, zivilcourage, mes ami_es.
und versucht, nicht zu schweigen.
einfach zumindest versuchen.
die stimme auch fuer andere zu erheben,
denen die stimme grad fehlt oder genommen wurde.
die grad zu geschockt, zu sprachlos sind.
wir brauchen feminist killjoys, all genders welcome.


und tbz dachte: die tipps haben auch ne aehnlichkeit mit
dem gelassenheitsgebet /serenity prayer, oder?
also ihr wisst schon:

(gott gebe mir)
die gelassenheit,
dinge hinzunehmen,
die ich nicht aendern kann,
den mut,
dinge zu aendern,
die ich aendern kann,
und 
die weisheit,
das eine vom andern zu unterscheiden.

wir sind doomed, doch duerfen nicht resignieren.
wir fuehlen uns machtlos, und haben doch einen handlungsspielraum.
und irgendwo da
in diesen paradoxien
haben wir uns wohl zu bewegen
und zu schauen
was wir tun koennen.

in diesem sinne:
gelassenheit! mut! weisheit!

und fuer die zuerchers noch mit zwingli:
"Tut um Gottes Willen etwas Tapferes."

bildet brat-banden.
résiste!
prouve que tu existes! 
eure tbz

(die nun tee trinken geht.
tasse im anhang.)
-- = --    -- = --    -- = --

a n a . w o r d s
aus dem hellblauen salon

furcht und schrecken seit 1997

„Jeden Augenblick leiden und sterben Tausende von Menschen, vergeblich
und ungerecht, und es berührt uns nicht; nur zu diesem Preis können wir
überhaupt leben. Sades Verdienst ist nicht nur, daß er herausgeschrien
hat, was sich jeder nur schamhaft eingesteht, sondern auch, daß er nicht
Partei für die Gleichgültigkeit ergriffen hat. Gegen die
Gleichgültigkeit hat er die Grausamkeit gewählt.“ (Simone de Beauvoir,
Soll man de Sade verbrennen?)

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