ana.words, einfuehlsamer pinsel

Von allen intimen menschlichen koerperteilen war bisher die
weibliche brust unbezweifelbar der am haeufigsten
abgebildete. doch nun erobert sich - scheu, aber stetig -
der penis einen platz in den medien.

filme wie die britische maennerstrip-komoedie "ganz oder gar
nicht" (anm. der red. der film hiess in wirklichkeit "the
full monty"). leisteten der entwicklung vorschub, zeitgleich
mit dem amerikanischen praesidenten und jeden prominenten,
die sich mit ueberraschender ehrlichkeit als
viagra-konsumenten outeten. sogar lorena bobitt, die 1993
ihren mann mit dem kuechenmesser des seinen beraubte(und ihm
damit zu ganz unerwartetem ruhm und reichtum verhalf),
duerfte ihre grausame tat heute als meilenstein in der
medien-karriere des glieds bewerten.

das neue image des penis ist ein friedensangebot. nicht als
bemannte "cruise missile", liebstes hassobjekt der
frauenbewegung, praesentiert er sich, sondern als
sensibldes, mit versagensaengsten geschlagenes wesen voller
zartgefuehl. einen "pinsel der liebe" nennt ihn folglich der
niederlaendische arzt und autor bo coolsaet in seinem um
mitgefuehl fuer das zarte organ werbenden buch "leben und
werk des penis" (kiepenheuer & witsch). was frueher
katastrophen heraufbeschwor, scheint heute geradezu
erwuenscht: ueber den kleinen darf gelacht werden. und das
nicht bloss im kino, sondern auch im bett. dort hat man
heute humor zu haben und laut coolsaet "zeit zum zuhoeren,
anschauen, streicheln".

freuet euch, frauen: das glied will nimmermehr ein harter
phallus sein, sondern ab sofort ein "pinsel, den ein
einfuehlsamer meister verwendet, um ein kunstwerk zu
schaffen".


der spiegel, nr. 35 vom 30.8.99

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a n a . w o r d s
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