tbz hat grad weltschmerz. das herz tut weh, irgendwie. und wie geht es euch? history repeating tut weh. ende nicht abzusehen. und ausgerechnet heute gibz zum znacht falafel. aber falafel gehoert allen. da muss man nicht drueber streiten. ihren ersten falafel ass tbz mit 15 in israel. und wusste nicht, was hummus ist. wusste eh nix vom land. es war der erste flug. der reisefuehrer war immer bewaffnet. und wenn die soldaten mit uns feierten warfen sie all ihre waffen einfach auf nen haufen. tbz hatte den haufen fotografiert und grad das album angeschaut. und im yad-vashem-museum erinnert sich tbz an einen haufen schuhe. schuhe von ermordeten juden. mal gab's einen knall, als die gruppe mit jugendlichen aus der schweiz im bus unterwegs war zu einem projekt von juden und arabern. das war ein molotowcocktail. er ist aber nicht losgegangen. oder wie man dem sagt bei molotowcoktails. wir hatten also glueck und gingen zu dem projekt mit juden und arabern. und vor der rueckreise wurden wir gebrieft was wir beim zoll sagen sollten wenn sie uns fragten ob wir in der altstadt von jerusalem waren, ob wir bei den arabern waren. nein, sollten wir sagen. und wir sagten nein, als sie jeden koffer durchsuchten. und sie waren streng und fragten ob man wisse, warum sie das fragten und tbz verwechselte safety und security und war eh ganz nervoes und aber sagte, nein, beim basar sei sie nicht gewesen und log. das war vor 31 jahren. und vor paar jahren wanderte tbz' frau durch palaestina. und sah in nen pistolenlauf. von nem israelisoldaten. und knapp wurde nicht geschossen, auf die wandergruppe aus der schweiz. was soll man sagen zu molotowcoktail und pistole. es tut einfach grad so furchtbar sehr das herz weh. man kann nur falafel essen. denn falafel gehoert allen. .-.-.-.-.-.-.-.-.-.- Wie Lämmer zur Schlachtbank Mai 1968. Nach dem Sechstagekrieg verschwand der Sand, der unser Viertel von der Welt trennte. Planierraupen, Bagger und Bauunternehmer rissen Wege auf und errichteten Gebäude – neue Menschen kamen. Sie gingen in unsere Schulen und Kindergärten, zum Lebensmittelladen und zur Ambulanz der Krankenkasse. Sie waren anders. Sie trugen Schuhe, die Zehen und Zehennägel freiließen, kurze Hosen und Trägerhemden – keine langärmeligen Hemden und keine Krawatten, und auf dem Kopf trugen sie, ob Junge oder Mädchen, einen runden Stoffsonnenhut, bei ihnen sah man keine Locken und kein Spray im Haar, keine Kippot und keine runden Filzhüte. Ihre Sprache war mit arabischen Wörtern gespickt. Sie hatten auch ungewohnte Namen wie Azma’ut, Cherut, Amikam, Uriel und Zuriel – Unabhängigkeit, Freiheit, Mein Volk erhebt sich, Gott ist mein Licht und Gott ist mein Felsen. Sie hatten ihre Kriege und ihre Helden. Kein Schweigen, wie bei uns, sondern Geschichten: Vater, der Soldat, Vater, der Pilot, Großmutter, die Pionierin, Mutter, die Palmach-Kämpferin mit einem Sten-Gewehr in der Hand. Und alle hatten sie eine Vergangenheit, nicht irgendeine, sondern eine großartige. Und jeden Schabbat machten sie Ausflüge und kannten jeden Hügel und jede Erderhebung im Land. In unserem Viertel wurden die Fremden mit grenzenloser Neugier betrachtet. Helena sagte: »Jetzt gibt es in unserem Viertel zwei Viertel: Eines heißt Polen, und seine Polnischen leben in kleinen Häusern mit einem Gartenstück, im ersten oder im zweiten Stock, und sie sprechen hebräisch, nicht gut und nicht schlecht, und das andere nennt man Land Israel, und seine Palmach-Kämpfer wohnen in großen Häusern mit vielen Stockwerken und haben viele Freunde und sprechen halb hebräisch und halb arabisch.« Eines Tages fand ich, wie Helena gehofft hatte, einen Freund aus dem Land Israel, er hieß Uriel Komem. In der Familie Komem gab es nur einen Feiertag, der von besonderer Bedeutung war – und das war nicht Pessach, nicht Purim und auch nicht Jom Kippur, es war der Unabhängigkeitstag, und der Vorabend wurde nach einer festgelegten Zeremonie begangen. Sie luden alle in ihren Garten ein, um patriotische Lieder zu singen. Auch ich wurde eingeladen. Als Helena davon hörte, bat sie Uriel, ebenfalls eingeladen zu werden. »Es ist besser«, unterstrich sie ihre Bitte, »wenn ich sie begleite.« Sie deutete auf mich. »Wenn es dunkel ist, geht sie nicht alleine irgendwohin oder nach Hause zurück. Und du bist ein guter Junge, du wirst deinen Eltern bei den Vorbereitungen helfen.“ „Schließlich wurde auch die Vertreterin des Viertels zum abendlichen Singen eingeladen. Der Unabhängigkeitstag kam, und die Nachbarinnen fanden sich für dieses Ereignis zusammen. Bevor sie eintrafen, hatte Helena schon einen Filzhut und eine Lacktasche auf das Sofa gelegt, zur Besichtigung. Jede Nachbarin, die zu uns kam, zeigte sich beeindruckt. Nur Itta wagte einzuwenden, wenn sie schon einen Hut aufsetzen wolle, dann sollte es einer von diesen runden Stoffsonnenhüten sein, auf keinen Fall ein Filzhut. »So ein Hut ist nicht fein«, antwortete Helena mit einem Zwinkern. »Glaubst du etwa, ich wäre wie sie, von der Haganah oder vom Palmach?« Sie umarmte Itta und drückte sie fest an sich. Angelika kam, die Friseurin, und türmte Helenas Haare zu einer Hochfrisur, die sie mit Spray festigte. Die Schneiderin Gina traf ein, mit einem Kostüm, das sie genäht hatte, und einem Nähkästchen aus Holz, um an Ort und Stelle Änderungen auszuführen. Rivka, die Schuhverkäuferin, war auch aufgeboten worden, um zu helfen, sie lieh Helena ein Paar Schuhe mit hohen Absätzen. Helena war ordentlich ausgerüstet für den Abend: ein rotes Kostüm, ein schwarzer Hut, spitze Schuhe mit hohen Absätzen. Um das Bild zu vervollkommnen, legte sie noch einen Strauß Rosen dazu, eingepackt in Zellophanpapier. Am Abend des Festes, sie und ich, auf dem Rasen der Familie Komem. Um uns herum standen Leute mit wilden Mähnen, Sandalen an den Füßen, und alle trugen uniformähnliche Khakikleidung, egal ob Frauen oder Männer. In der Luft hing der Duft von Falafel, Chumus und Techina, und das Brot nannte man bei ihnen Pita. Helena stand aufrecht auf dem Rasen, in ihrem roten Kostüm, mit rot geschminkten Lippen, mit rot lackierten Fingernägeln, mit Lackschuhen und mit einer Lacktasche und in den Händen einen in Zellophan gewickelten Rosenstrauß, von dem Bänder in Rot und Rosa flatterten. Der Hausherr, ein muskulöser, freundlicher, braun gebrannter Mann, kam zu uns und stellte sich vor: »Ich bin Komem Schaltiel«, sagte er, warf mit einer Kopfbewegung seine Haare zurück und streckte die rechte Hand aus. Helena sagte mit einer metallischen Stimme, die für einen Moment brach und zitterte: »Und mein Name in Israel ist Helena Wie-Lämmer-zur-Schlachtbank.« Sie streckte die Hand aus. Komem Schaltiel runzelte die Stirn, zog die Augenbrauen hoch und fragte: »Was?« Helena wiederholte, während sie ihm die Hand drückte: »Helena Wie-Lämmer-zur-Schlachtbank. Sie wissen doch.« Und noch einmal sagte sie, diesmal aber langsamer: »Helena Wie-Lämmer-zur-Schlachtbank.« An diesem Abend ging ich mit Helena allein nach Hause. Und Uriel Komem sah ich nicht wieder. Jahre später. Ein grauhaariger Mann sprach mich am Eingang der Universität von Tel Aviv an und fragte zögernd: »Elisabeth? Bist du es?« »Ja«, antwortete ich. Er sagte: »Ich heiße Komem, erinnerst du dich?« Ich erinnerte mich. »Was machst du?«, fragte ich. »Ich bin an der Universität von San Diego, an der Fakultät für Geschichte.« Er schluckte, dann fuhr er fort: »Ich bin dort Leiter des Forschungsinstituts zur Shoah.« Ich schwieg. Und er fügte hinzu: »Immer wenn ich gefragt werde, wie es kommt, dass ein in Israel Geborener wie ich sich mit der Shoah beschäftigt, sage ich zu meinen Studenten und überhaupt zu allen, dass wir nach dem Sechstagekrieg vom Luftwaffenstützpunkt in ein Stadtviertel gezogen sind. Dort entdeckte ich, dass es in Israel noch einen anderen Planeten gab und andere Soldaten in der Armee Gottes. Und es gab da eine seltsame Frau in einem roten Kleid, die die Weltgeschichte für mich von Grund auf verändert hat.« Er schwieg verlegen, dann sagte er: »Richte ihr Grüße aus und sag ihr, dass ich ihr danke.“ aus: warum bist du nicht vor dem krieg gekommen? von lizzie doron -- = -- -- = -- -- = -- a n a . w o r d s aus dem hellblauen salon furcht und schrecken seit 1997 vragen & kommentare & texte, die ihr davon findet, sie seien es wert, dass es die ganze welt erfaehrt, oder mindestens die redaktion, dann mailto:words@ana.ch du willst auch? immer mehr? dann abonnier auch du ana.words: http://ana.ch/txt/444 hast du genug? immer weniger? dann bestell doch nicht ana.words ab: http://ana.ch/txt/444